Oft verbinden wir mit Panik ein Massenphänomen mit einer realen Ursache, zum Beispiel einen Terroranschlag oder eine Naturkatastrophe, das sich rasch in einer Gruppe von Menschen ausbreitet und nicht selten in "panischer" Flucht endet.
Bei der Panikstörung geht es um Panik- oder Angstattacken, die nur einzelne Menschen von Innen erfassen. Panikattacken beginnen plötzlich, sind nicht vorhersehbar und gehen mit schweren körperlichen Reaktionen wie Herzklopfen, Erstickungsgefühlen oder Schwindel einher. Damit verbunden sind Gefühle der Entfremdung, des Kontrollverlustes sowie der Angst davor, wahnsinnig zu werden oder zu sterben. Und: Panikattacken können zu jeder Zeit und in jeder Situation auftreten, sogar in Stille, Ruhe oder in Entspannung. Tritt Panik in einer bestimmten Situation - zum Beispiel beim Busfahren - auf, kann es sein, dass die Betroffenen aus Furcht vor einem neuen Angstanfall ähnliche Situationen in Zukunft meiden. Es kommt zur Erwartungsangt oder der "Angst vor der Angst". Das bedeutet für die Betroffenen oft Rückzug und Isolationsgefahr.
Solche Panik-Zustände sind für die Betroffenen subjektiv äußerst bedrohlich. Panikattacken erreichen schnell ihren Höhepunkt und dauern einige Minuten bis zu einer halben Stunde, weil der Körper physiologisch nicht in der Lage ist, einen Panikzustand länger aufrecht zu halten. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass eine Panikattacke auch länger anhalten oder wellenartig auftreten kann. Auch hier gibt es sicher viele individuelle Muster der Panikstörung.
Frauen, die unter Panikstörungen leiden, werden gern als hysterisch und Männer als Hypochonder abgestempelt. Beides sind nebenbei konkrete psychiatrische Krankheitsbilder, die allerdings in der Gesellschaft einen abwertenden Charakter haben. Ich selber wurde auch schon als "hysterisch" und "hypochondrisch" bezeichnet - und das nicht nur von Freunden oder Familie, sondern auch von Ärzten. Nichts trifft Betroffene mehr und lässt sie noch mehr leiden. Ohnehin leiden Betroffene aufgrund des befürchteten Stigmas sehr oft im Stillen und innerlich. Die Scham ist groß. Nicht selten greifen manche Betroffene zu Selbstbehandlungsversuchen mit Alkohol, Beruhigungs-, Schmerz- oder Schlafmitteln, vielleicht sogar Rauschdrogen. Familiäre, partnerschaftliche und berufliche Konflikte drohen.
Panikattacken sind plötzlich auftretende Angstanfälle ohne äußerlichen Anlass oder körperliche Ursache - und deshalb auch nicht vorhersehbar. Den meisten Betroffenen sieht man auf den ersten Blick nichts an. Sie leiden innerlich. |
Für jemanden, der nicht an einer Panikstörung leidet, ist es sehr schwer nachzuvollziehen, wie es Betroffenen geht, wenn sie die Panik erfasst. Furcht vor etwas bestimmten - ja. Aber Panik ohne Grund?
Der Psychiater Prof. Dr. Volker Faust hat es versucht, so zu erklären - und ich kann dieser Beschreibung nur zustimmen:
Nimm das Schlimmste, was dir bisher selber passiert ist oder stell dir eine Beinahe-Katastrophe vor: Einen glücklich überstandenen Sturz von der Leiter im Garten oder einen Beinahe-Zusammenstoß im Straßenverkehr. Je nachdem, wie "stark" deine Nerven sind, und wie intensiv dich der Schreck erfasst hat, bleibt dir fast das Herz stehen, kalter Schweiß bricht aus, deine Knie zittern und du fühlst dich wie weggetreten oder glaubst den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Diese Schreckminute kann mitunter lange nachwirken und du braucht etwas, um dich von ihr zu erholen. Verfolgt dich der Schreck eine gewisse Zeit, wirst du in ähnlichen Situationen angespannter, nervöser und noch vorsichtiger sein als sonst.
So ist das auch mit Panikattacken. Nur mit einem großen Unterschied: Es gibt keine nachvollziehbare Ursache. Und - je nach Ausprägung der Panikstörung - kommen sie dauernd und unvorhersehbar wieder.
Ein reale Beinahe-Katastrophe kann zudem noch erzählt werden - und die, die sie erlebt haben, können vor allem mit Anteilnahme rechnen. Betroffene, die unter einer Panikstörung leiden, können das meist nicht. Was sollen sie auch erzählen? Angst oder Panik ohne Ursache ist schwer verständlich und damit auch demütigend und beschämend für die Betroffenen, die sich "scheinbar alles einbilden".
Wie bei den meisten seelischen Störungen gibt es gleich mehrere Therapiemöglichkeiten: Psychotherapie, viel körperliche Aktivität (besonders ein kräftiger Spaziergang bei Tageslicht baut Spannung ab), sowie bei Bedarf die vorübergehende Einnahme von Medikamenten. Mehr dazu unter Therapie.