Warum Entspannung hilft

 

Entspannung ist eigentlich eine ganz natürliche Reaktion des Körpers - und auch der Seele: Damit Körper und Seele gesund bleiben, sind sie biologisch so programmiert, dass nach einer Phase der Anspannung und Anstrengung, ein Phase der Regeneration folgt oder folgen sollte. Wir brauchen Erholung, um neue Energie und Kraft zu tanken. Auch die natürliche  Angstreaktion endet im Idealfall mit einer Erholungsphase: Haben wir Angst, bereitet sich der Körper auf Kampf oder Flucht vor. Unsere Muskulatur steht unter hoher Spannung, um schnell reagieren zu können. Ist die Gefahr vorbei, fährt der Körper das Alarmsystem zurück und wir beginnen mit der Regeneration.

 

Das vegetative Nervensystem mit Sympathikus (Leistungsbereitschaft, Anspannung) und Parasympathikus (Erholung, Entspannung) sorgt im Prinzip ganz automatisch für den Ausgleich zwischen Anspannung und Entspannung. 

 

Bei Menschen, die unter einer Angststörung leiden oder unter Dauerstress stehen, funktioniert dieser automatische Ausgleich nicht mehr. Sie befinden sich in einem permanenten Alarmmodus (Stress läuft körperlich genauso ab wie eine Angstreaktion). Der Sympathikus ist hyperaktiv und lässt den Parasympathikus gar nicht mehr - oder nur unzureichend - zum Zuge kommen.

 

Um also Angst- und Panikattacken oder Stressgefühlen (beides kann sich gegenseitig bedingen und verstärken) längerfristig vorzubeugen, ist es wichtig und möglich, die Entspannungsreaktion zu trainieren. Dafür haben sich folgende Methoden bewährt und gehören zum klinischen Repertoire: 

 

Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson (PMR) oder das Autogene Training sind heute Standard bei der Behandlung von Angststörungen. Die PMR ist körperbezogener, weil einzelne Muskelgruppen nacheinander an- und wieder entspannt werden. Die Entspannung wird also indirekt ausgelöst. Beim Autogenen Training wird rein über die Vorstellung (zum Beispiel: "der Arm ist ganz schwer") der entsprechende Körperteil entspannt. Zudem werden positive und angenehme Bilder erzeugt. Beide Verfahren entfalten ihre sehr entspannende Wirkung nach einer gewissen Zeit des Übens. Die PMR ist etwas leichter zu erlernen als das Autogene Training und manchem hilft es, wenn er eine kleine körperliche Bewegung machen kann, als nur still zu sitzen oder zu liegen und sich vorzustellen, dass der Arm schwer und warm wird.

 

Auch die Hypnose oder imaginative Verfahren arbeiten mit der Vorstellungskraft. Im Gegensatz zur PMR oder zum Autogenen Training, was ihr nach einer gewissen Zeit selbständigen üben könnt, braucht die Hypnose eine Therapeutin oder einen Therapeuten und Phantasiereisen einen Erzähler oder eine Erzählerin. 

 

Der Bodyscan (eigentlich mehr ein Achtsamkeitstraining als ein Entspannungsverfahren - ich finde ihn trotzdem angenehm und hilfreich), Yoga, Chi Gong oder die Meditation können ebenfalls hilfreiche Entspannungsverfahren sein, die nicht mehr nur in der komplementären Medizin oder Naturheilkunde angewandt werden.

 

Auch bei der Entspannung gilt, dass ihr die Methode finden müsst, die für euch angenehm ist. Lasst euch Zeit und probiert Verschiedenes aus. Und gebt nicht zu schnell auf, wenn ihr denkt, dass es nicht klappt. Niemand ist perfekt und es dauert etwas, bis ihr die Techniken erlernt habt. Der Erfolg ist um so schöner, wenn ihr euch später innerhalb von wenigen Atemzügen in einen entspannten Zustand versetzen könnt.

 

Vielleicht macht euch das Erlernen einer solchen Technik auch unter Anleitung eines Trainers in der Gruppe Spaß. Zudem könnt ihr euch dann über mögliche Schwierigkeiten beim Üben austauschen. Und mit einem Entspannungsverfahren könnt ihr allgemein etwas Gutes für euch tun (siehe "Physiologische Effekte der Entspannungsreaktion"), eure Ausgeglichenheit fördern und auch den Schlaf verbessern.

 

Oft bezuschussen Krankenkassen Kurse, in denen Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training erlernt werden kann. 

Physiologische (körperliche) Effekte der Entspannungsreaktion:

 
  kardiovasculäre Veränderungen
 
  (sind Veränderungen, die Herz, Blutgefäße und damit den
   Blutdruck betreffen)

  • periphere Gefäßerweiterung - also die Gefäße in Füßen und Händen weiten sich, sie werden stärker durchblutet und sie durchwärmen.
  • Der Herzschlag verlangsamt sich etwas
    Entspannungsverfahren führen im allgemeinen zu keiner deutlichen Abnahme der Herzrate (also den Herzschlägen pro Minute). Dennoch beruhigt sich der Herzschlag etwas, allein schon durch den Wegfall körperlicher Belastung und emotional-kognitiver Beanspruchung (also Grübeln, Sorgen usw.).
  • Der arterielle Blutdruck sinkt
    Durch Entspannungsverfahren kann der arterielle Blutdruck, also der Blutdruck, der dafür sorgt, dass das Blut vom Herz in den Körper fließt, bei Menschen mit normalen und erhöhtem Blutdruck gesenkt werden. Dies hängt unter anderem mit der Gefäßerweiterung zusammen und dem etwas geringerem Auswurf des Blutes aus dem Herzen. 

 
 Neuromuskuläre Veränderungen

  • Muskeln entspannen, wenn stimulierende Einflüsse auf die Muskeln und das motorische System gesenkt werden und gleichzeitig dämpfende Einflüsse verstärkt werden: Der Tonus - also die Spannung - der Skelett-muskulatur nimmt ab und die Reflexe werden vermindert.

 
 V
eränderung der Atmung

  • die Atemfrequenz nimmt ab 
  • die Atemzyklen werden gleichmäßiger (also das Verhältnis von Ein- und Ausatmung)
  • der Sauerstoffverbrauch nimmt ab